Hier finden Sie parlamentarischen Initiativen, die ich als Mitglied des Landtages von Baden-Württemberg eingebracht habe. Im Folgenden erhalten Sie eine kurze Erklärung, zu den einzelnen Formen der Initiativen, welche laut Geschäftsordnung des Landtags von Baden-Württemberg möglich sind:
Kleine Anfragen / Mündliche Anfrage / Abgeordnetenbriefe
Jeder Abgeordnete kann alleine oder gemeinsam mit anderen Abgeordneten an die Regierung sogenannte Kleine Anfragen richten, die von der Regierung schriftlich beantwortet werden. Darunter versteht man auch die Form des Abgeordneten Briefes an ein Ministerium. Diese Form eignet sich besonders bei Themen, denen nur eine lokale Bedeutung zukommt. Mündliche Anfragen können im Rahmen einer Fragestunde an die Regierung gerichtet werden. Zuvor müssen diese schriftlich bei der Landtagspräsidentin eingereicht werden.
Große Anfragen
Eine Fraktion oder mindestens Fünfzehn Abgeordnete können mit Großen Anfragen Stellungnahmen der Landesregierung verlangen. Dieses Instrument wird gewählt, um Fragen und Angelegenheiten von erheblicher politischer Bedeutung zu klären. Die Stellungnahme der Regierung kann auf Verlangen im Plenum besprochen werden oder im zuständigen Ausschuss öffentlich beraten werden.
Anträge
Es wird unterschieden zwischen Anträgen, die einen Gesetzentwurf enthalten und den sogenannten selbstständige Anträgen. Den Zusatz selbstständig tragen diese Anträge, da sie unabhängig von einem anhängigen Beratungsverfahren die Regierung zu einem bestimmten Handeln veranlassen sollen. Fünf Abgeordnete oder eine Fraktion können einen selbstständigen Antrag einbringen. Anträge, die einen Gesetzentwurf enthalten müssen von mindestens acht Abgeordneten oder einer Fraktion eingebracht werden.
Drucksache/Antrag vom 10.8.2021: Drucksache 17 / 693 (landtag-bw.de)
Drucksache/Antrag vom 21.10.2021: 17/693: ÖPNV-Offensive – Mobilitätsgarantie im öffentlichen Verkehr
Drucksache/Antrag vom 9.11.2021: Drucksache 17 / 1175 (landtag-bw.de)
Die Antwort auf diesen Antrag finden sie hier: Stellungnahme des Verkehrsministeriums (silke-gericke.de)
Drucksache/Antrag vom 23.11.2021: Drucksache 17 / 1313 (landtag-bw.de)
Drucksache/Antrag vom 12.1.2022: Drucksache 17 / 1584 (landtag-bw.de)
Drucksache/Antrag vom 13.1.2022: Drucksache 17 / 1596 (landtag-bw.de)
Drucksache/Antrag vom 14.1.2022: Drucksache 17 / 1625 (landtag-bw.de)
Drucksache/Antrag vom 11.2.2022: Drucksache 17 / 1917 (landtag-bw.de)
Drucksache/Antrag vom 30.03.2022: Drucksache 17 / 2268 (landtag-bw.de)
Drucksache/Antrag vom 16.05.2022: Drucksache 17 / 2559 (landtag-bw.de)
Drucksache/Antrag vom 23.05.2022: Drucksache 17/ 2268 (landtag-bw.de)
Drucksache/Antrag vom 01.06.2022: Drucksache 17 / 2646 (landtag-bw.de)
Drucksache/Antrag vom 03.06.2022: Drucksache 17 / 2682 (landtag-bw.de)
Drucksache/Antrag vom 05.07.2022: Drucksache 17/ 2831.pdf (landtag-bw.de)
Drucksache/Antrag vom 01.08.2022: Drucksache 17/ 2998 (landtag-bw.de)
Drucksache/Antrag vom 09.02.2023: Drucksache 17/4162 (landtag-bw.de)
Debattenreden/Redebeiträge
Die parlamentarische Debattenrede ist Bestandteil der Geschäftsordnung des Landtages. Hierbei sind die parlamentarischen Aussprachen streng Verfahrensschritten im Handlungsfeld Gesetzgebungsverfahren geregelt. Der Debattenrede dient der öffentlich Meinungsbildung in politischen Prozessen.
Rede zur bezahlbaren Mobilität
Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin, Sehr geehrte Damen und Herren,
Wir wollen bezahlbare und klimafreundliche Mobilität für alle. Aber wie? Der mit fossilen Brennstoffen betriebene Verbrennermotor ist weder die Lösung in Bezug auf „Klimafreundlich“ noch auf „bezahlbar“. Auch wenn die AfD das gerne glauben machen möchte. Nimmt man nur die Entwicklung der Energiepreise, liegt es klar auf der Hand: Bei Preissteigerungen beispielsweise von Heizöl, mit im Schnitt 86 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, wird es ganz deutlich, dass wir eine Energieverteuerung und Energieverknappung haben. Woran liegt es? Die Nachfrage nach Erdöl ist weltweit gestiegen, seitdem sich viele Industrien von der Corona-Krise erholt haben. Doch die Exportstaaten wollten ihre Förderpläne nicht weiter aufstocken und zugleich legte ein Hurrikan zwischenzeitlich die Produktion im Süden der USA lahm. Damit ist Öl so teuer wie seit drei Jahren nicht mehr. Gazprom kostet sein Monopol auf Geheiß von niemand geringerem als Wladimir Putin aus, und verknappt und verteuert die Gasvorkommen für Europa. Just jener Herr Putin, mit dem sich die Kolleginnen und Kollegen der AfD, wie zum Beispiel Herr Chrupalla, in Moskau als Freundinnen und Freunde des Kremls noch im Dezember 2020 inszenieren wollten. Aber jetzt mal Faktencheck: Der Verkehrssektor spart als einziger kein CO2 ein und ist weiterhin Treiber der Klimakrise. Der Verkehr ist für knapp ein Drittel der Treibhausgasemissionen verantwortlich – im Gegensatz zu anderen Sektoren hat sich der CO2-Ausstoß im Verkehr nur pandemiebedingt verringert. Die Luft in den Städten ist stark belastet und eine Beeinträchtigung der Gesundheit vieler Bürgerinnen und Bürger. Maßgebliche Verantwortung dafür tragen die fossilen Verbrennungsmotoren von PKWs und LKWs. Das zeigt uns, dass wir uns von fossilen Brennstoffen, deren Preise vom Weltmarkt diktiert werden, freimachen müssen. Das heißt, wir werden erneuerbare Energien aus dem Ländle vorantreiben - und haben mit der Novellierung des Klimaschutzgesetzes entsprechend reagiert. Inzwischen haben alle demokratischen Parteien in Deutschland verstanden, dass wir handeln müssen. Nur Sie von der AfD glauben weiterhin, Sie können den Klimawandel ignorieren und mit Ihrer Verkehrspolitik weiter in der Mitte des vergangenen Jahrhunderts stehenbleiben. Es ist traurig und tragisch, dass Ihnen selbst die letzten Starkregenereignisse in Deutschland nicht die Augen geöffnet haben. SILKE GERICKE Mitglied des Landtags von Baden-Württemberg Diese Katastrophe haben Menschen mit dem Leben bezahlen müssen. Diese Katastrophe hat Menschen die Lebensgrundlage im wahrsten Sinne des Wortes unter den Füßen weggezogen. Die menschlichen, privaten, und die infrastrukturellen Schäden sind enorm! 134 Tote, hunderte zerstörte Häuser und tausende Menschen ohne Obdach. Aber Sie verschließen weiterhin die Augen vor der Realität und nehmen diese und zukünftige Katastrophen mit Ihrer Ignoranz billigend in Kauf. Sie scheuen sich nicht, jede Innovation hin zum Klimaschutz in Frage zu stellen. Sie stänkern nur und schwätzen, anstatt, dass Sie vernünftige Vorschläge machen und sich konstruktiv einbringen. Sie streuen in bewehrter Stammtischmanier permanent die Unwahrheit, dass Elektroautos zu teuer seien und wollen den Ausbau der Ladeinfrastruktur ausbremsen. Doch die Entwicklung schreitet voran – und steht im Zeichen der Elektrifizierung der Mobilität. Der Bund fördert bisher durch den Klimabonus jeden E-PKW - die Preise purzeln. Und zum anderen haben in den letzten Jahren viele Automobilunternehmen günstige E-Autos auf den Markt gebracht. Es gibt Kleinwagen mit alltagstauglichen Reichweiten, die sich inzwischen als sogenannte “Schnäppchen-Stromer“ etabliert haben. Die Kaufpreise sind durch staatliche Prämien gesunken und im Unterhalt sind E-Autos ohnehin günstiger, weil Strom meistens billiger ist als Sprit und sie wegen ihrer Bauweise seltener in die Werkstatt müssen. Einen Verbrenner zu fahren, kostet im Vergleich mit einem Elektroauto bis zu 50 Prozent mehr. Und das behaupte nicht ich, sondern das hat VW-Chef Herbert Diess am Montag kundgetan. Und jetzt raten Sie mal, wem ich in Sachen Antriebstechnologien und Transformation der Automobilindustrie mehr Sachverstand zutraue: Dem VW-Chef oder den ewig gestrigen Realitätsverweigerern der AfD? Die Automobilindustrie in Deutschland sieht marktwirtschaftlich die Notwendigkeit, auf E-Mobilität zu setzen. Daimler stellt mit Hochdruck sein weltweites Produktionsnetzwerk auf die Fertigung von vollelektrischen Fahrzeugen um. Einerseits natürlich, um ihren Teil zur Einhaltung des Pariser Klimaabkommens zu leisten. Andererseits aber auch, um auf dem globalen Markt weiterhin konkurrenzfähig zu bleiben. Und das Land unterstützt die Branche dabei erfolgreich: mit dem Strategiedialog Automobilwirtschaft wird die Marke „Nachhaltige Mobilität made in Baden-Württemberg“ aktiv vorangetrieben. „Nachhaltige und bezahlbare Mobilität made in Baden-Württemberg“ steht aber nicht nur für Autos, sondern auch für einen vorbildlichen Ausbau der Öffentlichen Verkehre. Baden-Württemberg ist deutschlandweit Spitzenreiter beim Thema nachhaltige Mobilität. Mit dem BW-Tarif haben wir die durchschnittlichen Ticketpreise im Schienennahverkehr um rund 25 % SILKE GERICKE Mitglied des Landtags von Baden-Württemberg gesenkt. Mit der VVS-Tarifreform sind im Großraum Stuttgart viele Zonen weggefallen, die vorher noch extra zu zahlen waren. Und mit dem im nächsten Jahr kommenden Jugendticket setzen wir genau da an. Mit nur 365 € im Jahr werden junge Menschen mit Bussen und Bahnen durchs ganze Land unterwegs sein können. Meine Damen und Herren, DAS nenne ich bezahlbare Mobilität für die Bürgerinnen und Bürger im Land, ganz unabhängig von den Irrungen und Wirrungen der AfD, sowie den geopolitischen Nebenkriegsschauplätzen des weltweiten Erdölmarktes. Wir investieren in Busse und Bahnen! Und auch die Fuß- und Radwege bauen wir aus. So ist nachhaltige Verkehrspolitik nicht nur aktiver Klimaschutz, sondern auch aktive Sozialpolitik. Denn die Verkehrsplanung wird für die Menschen im Land gemacht – und nicht an ihnen vorbei. Wir setzen auf Chancengleichheit und Teilhabe und nehmen verschiedene Bedürfnisse unter die Lupe – vom Quartier in der Stadt bis hin zur 200 Seelengemeinde im ländlichen Raum. Deshalb setzen wir auf den Ausbau des ÖPNV – mit einer Mobilitätsgarantie im urbanen und im ländlichen Raum! Letzte Woche wurde die ÖPNV-Strategie des Landes vorgestellt. Eine Strategie, die gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern aus Gemeindetag und Städtetag, aus den kommunalen und den privatwirtschaftlichen Unternehmen von der Landesregierung entwickelt wurde und gemeinsam mit diesen Akteuren in die Praxis umgesetzt wird. Wir planen vom viertelstündlich getakteten Bus von frühmorgens bis um 24 Uhr in der Stadt bis zum Bus on demand in der kleinen Gemeinde auf der Alp. Gerade in der Coronakrise hat sich gezeigt, wie wichtig eine höhere Taktung im ÖPNV, bezahlbare Preise, gute Arbeitsbedingungen und gut ausgebaute Fuß- und Radwege sind. Und wenn wir schon mal bei den Arbeitsbedingungen sind. Wir haben großes Interesse, sowohl die Berufe der Busfahrerinnen und Busfahrer, als auch der Lokführerinnen und Lokführer aufzuwerten. Hier haben wir einen extremen Fachkräftemangel, und Sie von der AfD haben mit einem Antrag, den Sie an das Verkehrsministerium stellen, nur das Bedürfnis, in Frage zu stellen, ob Bürgerinnen und Bürger mit Migrationshintergrund dieser Arbeit nachgehen sollten. Sie fragen nicht nach dem Thema, der Aufwertung des Berufes für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer – nein, Sie leben destruktiv und oberflächlich Ihre Stammtischideologien hier in diesen Gremien des Hauses aus – anstatt den Bürgerinnen und Bürgern notwendige Lösungen für ihre Bedürfnisse zu bieten. Sie machen sich keine Sorgen, wie wir diesen Fachkräftemangel in den verschiedenen Branchen in den Griff bekommen. Ihnen müsste doch auch klar sein, dass es in Zukunft immer wichtiger wird, Antworten zu liefern, wie wir den steigenden Weltmarktpreisen für Öl und Gas begegnen sollen. Antworten darauf, wie wir mit der Rohstoffverknappung umgehen können. SILKE GERICKE Mitglied des Landtags von Baden-Württemberg Die Antwort heißt dann: Ausbau eines nachhaltigen ÖPNV und SPNV, damit alle - und auch die berühmte schwäbische Hausfrau - mobil sein können, auch wenn der Geldbeutel klein ist. Und: Je früher es uns gelingt, unabhängig von fossilen Energieträgern zu sein, desto eher sind wir auch unabhängig von schwer kalkulierbaren Preissteigerungen und in der Lage umfassend eine bezahlbare, klimaverträgliche Mobilität für die Menschen im Land anbieten zu können. Zuletzt hoffe ich doch, dass sich die AfD - entgegen ihres Debattentitels - auch Sorgen um die Mobilität der BürgerINNEN in unserem Land macht. Denn Mobilität muss für Frauen mitgedacht werden.
Vielen Dank.
Rede zum 365€ Jugendticket
Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin,
Sehr geehrte Damen und Herren,
Am Ende des Jahres wird man immer nach dem guten Vorsatz für‘s nächste Jahr gefragt. Diäten stehen hoch im Kurs, die Fitnessaktivitäten werden angegangen und aufräumen könnte man mal wieder. So kann man freudig ins Jahr starten. Doch wer hält sich lange an Vorsätze. Nach zwei Wochen bröckelt der Elan, und es bleibt bis kurz vor dem nächsten Jahreswechsel liegen.
Manch einer sagte uns nach, dass wir genauso in die Legislaturperiode gestartet seien. Mit einem ambitionierten Plan, den wir nicht umsetzen würden – wie bei einer Neujahrsdiät, die zwei Wochen später einem 3-Gänge-Menü zum Opfer fallen würde.
Aber hoppla, nein, Grün-Schwarz zieht es durch. Der Koalitionsvertrag ist unser Antrieb, gemeinsam alle To-Dos in die Hand zu nehmen und so schnell wie es geht, mit Leben zu erfüllen. Und wenn ich hier Andreas Schwarz vor mir sitzen sehe, er ist nicht nur unser Fraktionsvorsitzender, er ist auch derjenige, der sich schon als junger Mensch für das Jugendticket stark gemacht hat und es in dieser Legislaturperiode mit uns in die Tat umsetzt. Da sehen sie, hinter grünen Versprechen ist Zug dahinter.
Wir sind lange vor dem Jahreswechsel gestartet und haben uns bei den ersten Ansätzen zum Haushalt im Herbst kräftig Gedanken gemacht, wie wir im Schuljahr 2022/2023 vernünftig ein Jugendticket umsetzen können. Anders als bei einer Diät kommt Abspecken da nicht in Frage. Wir nehmen dafür richtig Geld in die Hand: Für die Finanzierung des Jugendtickets stehen für die nächsten vier Jahre im Landeshaushalt 327 Millionen Euro zur Verfügung.
Das heißt, wir erwecken unser Herzensthema nicht nur mit Leben, sondern stärken es langfristig mit einer ausreichenden Finanzierung. Das ist ein erstes respektables Paket der ÖPNV-Strategie.
Denn die Jugendlichen sind es uns wert. Gerade in der Krise dürfen wir an ihnen nicht sparen. Nein, wir nehmen unseren Sozialauftrag der Grundversorgung ernst und liefern. Für 365 € im Jahr werden Jugendliche ab dem Sommer 2022 in ganz Baden-Württemberg alle Verkehrsmittel des öffentlichen Nahverkehrs nutzen können. Damit endet der Bewegungsradius von jungen Menschen nicht an der Grenze des Verkehrsverbundes, sondern wird auf das ganze Land ausgeweitet. Gleichzeitig entlastet das Jugendticket Familien. Die Jugend in Baden-Württemberg jubelt – die Eltern gleich mit!
Das ist unsere gute Botschaft für’s neue Jahr und das Schuljahr 2022/23.
Ein Euro pro Tag, damit junge Menschen bis 21 Jahre im ganzen Land mobil sein können. Das ist ein hervorragendes Angebot! Für junge Menschen, die Freiwilligendienste leisten, oder in Ausbildung sind – sei es im Handwerk, im Handel oder in der Industrie – wird es sogar bis 27 Jahre gelten. Wir machen den ÖPNV damit erlebbar.
Ich zitieren hier gerne die Bewertung der ÖPNV Strategie aus Sicht der Vertreter*innen des Landesjugendrings Baden-Württemberg e.V.:
„Unsere Vollversammlung hat schon im November 2015 mit dem Beschluss - Bitte entschuldigen Sie die Wortwahl, Frau Präsidentin, aber ich zitiere nur. - „It’s our Fucking Future!“ das 1,5-Grad-Ziel eingefordert. […] Mobilität ist heute soziales Bedürfnis und wirtschaftliche Notwendigkeit. Gerade Kinder und Jugendliche haben ein hohes Mobilitätsbedürfnis und sind dabei auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen, da sie den motorisierten Individualverkehr in der Regel nicht selbstbestimmt nutzen können. Daher heißt Zugang zur Mobilität auch Zugang zur Gesellschaft. Zugang zur Mobilität heißt aber auch Schutz der Umwelt. […]“ Zitat Ende.
Sie sehen, da geht es nicht nur um den Auftrag der sozialen Unterstützung, sondern auch um die Zukunftssicherung der jungen Generation. Eine Verpflichtung, die das Bundesverfassungsgericht in seinem bahnbrechenden Urteil zum Klimaschutz als „intertemporale Freiheitssicherung“ benannt hat. Unsere jungen Bürger*innen wollen auch morgen noch in einem Land leben, das Ihnen eine gute Lebensgrundlage bietet. Auch was das Klima anbelangt!
Bei dem Stichwort „Zugang der Mobilität“ wird uns nachher die Redner*in der AfD sicher darauf hinweisen, dass die Einführung des Führerscheins ab dem 16. Lebensjahr viel effektiver sei. Glauben sie mir, das Thema ist in Berlin gut aufgehoben. Mit dem Thema wollten Sie schon bei den Jugendlichen beim Mobilitätsworkshop des Jugendlandtags punkten. Doch, was Sie immer wieder vergessen, ist, dass dies ein Bundesthema ist. Bereits im Frühjahr 2022 soll der Führerschein ab 16 Jahren bundesweit eingeführt werden. Auch deutliche Verschärfungen wie eine Verlängerung der Probezeit werden angedacht. Was allerdings bei diesem Thema nicht außer Acht gelassen werden kann, sind die leider immer noch auffälligen Zahlen der jugendlichen Verkehrstoten gerade im ländlichen Raum, gerade bei den Freizeitverkehren in den Abend- und Nachtstunden.
Aber wie Sie wissen ist unsere Aufgabe die Landespolitik! Und da braucht es eben mehr Antworten für den Zugang zu Mobilität bei der Jugend – über eingetragene Begleitung ab 16 Jahren hinaus. Denn nicht jede* Jugendliche* hat Zugang zu einem PKW und ist 16 Jahre alt.
Jugendliche wollen auch nicht auf Schritt und Tritt von einem Erwachsenen begleitet werden. Für eine Fahrt zum Ausbildungsplatz oder Blockunterricht bei der Berufsschule ist dies auch völlig wirklichkeitsfremd, dass immer eine Begleitung zur Verfügung stünde.
Jugendliche im Alter von 12 Jahren, wollen sich auch in einem größeren Radius bewegen, als mit dem Schulbus zur Schule und zurück. Es ist unsere Aufgabe, dass die Jugend in all ihrer Vielfalt, mit all ihren Bedürfnissen im ländlichen wie auch dem urbanen Raum mitgenommen und nicht abgehängt wird. Soziale Teilhabe – ob im Privaten, an der Schule oder im Beruflichen hat auch etwas mit Mobilität und Erreichbarkeit zu tun.
Das Jugendticket ist zudem ein erster Schritt, der die ÖPNV-Nutzer*innen von Morgen formt. Denn wer gerne den ÖPNV nutzt, wird dies, solange Bus und Bahn eine attraktive Alternative zum Auto ist, weiterhin nutzen.
So begrüßt die Diakonie in Baden-Württemberg das Engagement der Landesregierung für ein 365-Euro-Jugendticket.[1] Sie weist auch darauf hin, dass es jetzt an unseren Verkehrsverbünden liege, auf dieses Angebot des Landes einzugehen. Das wünschen wir uns auch. Und wir sind deshalb im regen Austausch mit den kommunalen Spitzenverbänden und den Verbünden. Aber ich bin der Überzeugung, dass wir den kommunalen ÖPNV-Aufgabenträgern mit diesem Ticket ein Angebot machen, das sie gar nicht ablehnen können, weil es so gut und überzeugend ist. Wir arbeiten am flächendeckenden Angebot in Baden-Württemberg. Denn nicht nur im ländlichen, auch im urbanen Raum ist das Bedürfnis nach dem Jugendticket groß. Dies hat uns Abgeordneten die Jugend selbst beim Treffen hier im Haus des Jugendlandtages als Botschaft mitgegeben. Erschwingliche Mobilität von Morgen, das war die Hausaufgabe der letzten Jahre, die wir prompt in die Tat umsetzen.
Mit dem Jugendticket setzen wir uns an die Spitze der Bundesländer und werden unserem Anspruch gerecht, ein Musterland für nachhaltige und zukunftsfähige Mobilität zu sein. In Hessen gibt es ein landesweites Ticket für Schüler*innen, aber nicht für die breite Auswahl an jungen Menschen, wie es bei uns vorgesehen ist. In Bayern gibt es ein 365 €-Ticket, aber nur in einzelnen Verkehrsverbünden und nicht mit landesweiter Gültigkeit. Andere Länder haben günstige Semestertickets für Studierende. Wir machen keine halben Sachen, wir packen alles in ein einfaches, preisgünstiges Ticketangebot.
[1] Stellungnahme von Frau Oberkirchenrätin Dr. Annette Noller, Vorstandsvorsitzende des Diakonischen Werks Württemberg
Rede zum Haushaltsplan 2022
Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin,
Sehr geehrte Damen und Herren,
so lange ein Mensch lebt, will er aktiv und mobil sein. Das ist seit Menschengedenken so: Ob selbstaktiv, hoch zu Ross oder mit einem Fahrzeug. Das hat sich der Mensch über Jahrtausende erarbeitet – selbstbestimmt dahin zu gehen und zu fahren, wohin er will. Räumliche Mobilität hat deshalb auch weitreichende Folgen. Es ist ein Grundbedürfnis der Gesellschaft und eine Grundvoraussetzung für das Funktionieren einer Marktwirtschaft, mobil zu sein – und somit auch eine Voraussetzung für den Wohlstand in unserem Land. Also muss Mobilität wirtschaftlich und sozial gedacht werden.
Wir Menschen gehen täglich selbstbestimmt mit unserem Grundbedürfnis vor die Tür, stehen auf dem Bürgersteig und schon sind wir Teil des komplexen Themas Mobilität. Wenn man sich am Bürgersteig im kommunalorganisierten öffentlichen Raum umguckt, ist man nicht alleine – da sind noch viele andere mit den gleichen oder ähnlichen Bedürfnissen. Schon sind wir mit dem Stichwort öffentlicher Raum bei der Daseinsvorsorge, die die Kommunen, das Land und der Bund gewährleisten müssen. Von der Sanierung der Straßen und Brücken, dem Bau von Radwegen, der Gewährleistung von Busfahrplänen und dem Ausbau von Linienverbindungen, über den Bau von Straßenbahnen und Zugstrecken bis zur Beschaffung von rollendem Material auf Straße und Schiene. All dies muss finanziert sein, wohlbedacht – aber nicht fixiert auf die Gegenwart und schon gar nicht mit dem Blick in die Vergangenheit. Wir müssen visionär sein und den Blick in die Zukunft richten, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Daseinsvorsorge im Verkehrssektor heißt, unsere Mobilität zukunftsfähig und klimaneutral zu machen. Im ersten Haushaltsentwurf war große Ausgabendisziplin vor dem Hintergrund der Belastungen durch die Corona-Pandemie geboten. Zum Glück hat uns die letzte Steuerschätzung neue Spielräume gegeben, und die haben wir richtig genutzt, um das Klima-Mobilitäts-Upgrade-Paket zu schnüren. In der Mobilitätsplanung und Planungsumsetzung konnten wir so nochmal ordentlich aufstocken – und zwar um 113,4 Millionen.
So, …. wenn ich das nun mal umrechne, heißt das bei 11.103.043 Einwohner*innen in Baden-Württemberg ca. 10 Euro und 21 Cent pro Jahr pro Kopf mehr für ein innovatives, klimafreundliches Mobilitäts-Upgrade.
Wenn ich jetzt wieder an den Menschen denke, wie er vor der Haustür am Bürgersteig steht, und wenn ich mir überlege – wow – für je 10 Euro und 21 Cent im Jahr schafft es das Land für jeden einzelnen Menschen diese vielen Programme auf den Weg zu bringen – von der Busförderung, über den Radwegbau bis hin zur Ladeinfrastruktur für E-Mobile. Und das, um allen Menschen das Grundbedürfnis ermöglichen zu können, mobil zu sein.
Das zentrale Ergebnis einer Umfrage des Instituts KANTAR und des Deutschen Institutes für Urbanistik (Difu)ist, dass der Klimaschutz in der Bevölkerung einen hohen Stellenwert einnimmt. 55 Prozent sagen, dass sie die Folgen des Klimawandels bereits heute in ihrer Kommune zu spüren bekommen. Vier Fünftel aller Bürger*innen wollen, dass die Politik sich um den Klimaschutz kümmert. Das erfüllen wir – es ist bei den 10 Euro und 21 Cent pro Bürger*in Klimaschutz inklusive - also ein Mobilitäts-Klima-Upgrade par Excellence.
Die Erkenntnis, dass Klimaschutz auch und vor allem im Verkehrsbereich stattfinden muss, prägt unsere Haushaltspolitik – gerade den Einzelplan 13.
Wir haben im Koalitionsvertrag versprochen, die ÖPNV-Offensive zu starten – und dieses Versprechen halten wir. Im Sommer 2022 wird es das landesweit gültige Jugendticket geben, das für nur 365 Euro pro Jahr in allen Bussen und Bahnen des Nahverkehrs im Land gilt. Wir haben gestern darüber gesprochen – das ist ein visionäres Projekt.
Wir gehen die Mobilitätsgarantie an. Alle Orte des Landes sollen an allen Tagen der Woche von früh bis spät zuverlässig mit einem öffentlichen Verkehrsmittel erreichbar sein. Ein Großteil des ÖPNV wird in kommunaler Aufgabenträgerschaft erbracht und findet in den Kommunen statt. Wir wollen den Stadt- und Landkreisen nicht nur den Mobilitätspass als innovatives Finanzierungsinstrument an die Hand geben, sondern auch mit Landesgeld die Mobilitätsgarantie einlösen. Mit 10 Mio. Euro gelingt im Haushalt 2022 der Einstieg.
Und ich möchte mich hier ausdrücklich nochmals bei den Vertreterinnen und Vertretern der kommunalen Spitzenverbände bedanken: Sie haben sich in der Zukunftskommission eingebracht, mit dem Land Handlungsempfehlungen erarbeitet, die jetzt als ÖPNV-Strategie der Landesregierung umgesetzt werden. Sie sind diejenigen, die mit dem Land zusammen die Mammutaufgabe des ÖPNV-Ausbaus in die Hand nehmen.
Ziel der ÖPNV-Strategie ist 2030 doppelt so viele Fahrgäste zu „bewegen“. Dafür muss der Mensch am Bürgersteig vor der Haustüre die Gelegenheit haben, in fünf Minuten Fußweg eine ÖPNV-Haltestelle zu erreichen. Er soll nicht darauf angewiesen sein, ein Auto zu benutzen, sondern soll in einen Bus einsteigen können, der ihn nach der Clean Vehicles Directive der EU klimafreundlich zu seinem Ziel bringt.
Die meisten Wege die ein Mensch zurücklegt, sind unter 5 km. Sind es also mehr als ein paar Meter, dann ist das Fahrrad kaum zu schlagen. Wir sorgen dafür, dass das Fahrrad und das E-Bike auf kurzen wie längeren Distanzen das logisch preiswerte und gesunde Verkehrsmittel der Wahl wird. Das geht nur mit einer leistungsfähigen Infrastruktur, weshalb wir für Radschnellwege und Radwege an Landesstraßen 18,7 Mio. Euro bereitstellen. Wir sind damit auf dem Weg zum Fahrradland und bundesweit führend bei der Konzeption und dem Bau von Radschnellwegen.
Ein Verkehrsmittel, das unser Mensch vor der Haustür auch gerne nutzt, sind die eigenen Füße. Und das vollkommen emissionsfrei. Deshalb investieren wir in eine Fußverkehrsstrategie. Die Fußverkehrsförderung des Landes ist im bundesweit führend. Diese Führung wollen wir mit der Fußverkehrsstrategie ausbauen.
Wenn jetzt die eigenen Füße, das Fahrrad oder der Bus unseren Menschen an den Bahnhof bringen, um ein weiteres Ziel zu erreichen, dann ist auch das mit dem Mobilitäts-Klima-Upgrade in Zukunft deutlich attraktiver. Die meisten Schienen im Land gehören der DB AG, aber nicht alle. Die sogenannten nichtbundeseigenen Bahnen können zum Erhalt ihrer Strecken nicht auf Bundesmittel zurückgreifen. Wir brauchen diese Strecken aber … u.a. für mögliche Reaktivierungen für den SPNV oder auch für den Güterverkehr. Deshalb erhöhen wir die LEFG-Mittel auf 15,5 Mio. Euro. Denn zur Verdoppelung der Fahrgastzahlen in 2030 braucht es leistungsfähige Schieneninfrastruktur, reaktivierte Strecken - der Gütertransport profitiert auch davon.
Wenn jetzt der Mensch vor der Haustür jedoch weder zu Fuß, noch mit Bus, Fahrrad oder Bahn unterwegs sein möchte, haben wir trotzdem ein Mobilitäts-Klima-Upgrade für ihn: Mit der Landesinitiative E-Mobilität IV!
Denn nur mit der Defossilisierung der Antriebe gelingt Klimaschutz im Verkehr. Mit der Landesinitiative E-Mobilität IV werden wir gezielt Ladeinfrastruktur und Fahrzeuge fördern. Deshalb haben wir das Ziel, dass der nächste öffentliche Ladepunkt zu Fuß erreichbar sein soll – wie jede ÖPNV-Haltestelle. Dafür gibt‘s 23 Mio. Euro für 2022. Mit dieser Landesinitiative unterstützen wir weiterhin den Markthochlauf strombasierter Antriebe. Ob Fahrzeugflotten oder Ladeinfrastruktur: Baden-Württemberg wird Vorbildregion für die Antriebswende.
Und wenn sie mich fragen, das steht uns gut zu Gesicht.
Und es stünde auch anderen gut zu Gesicht!
Lieber Herr Dr. Rülke, wenn ich lese, was der neue Bundesverkehrsminister Wissing für Vorstellungen hat, dann ist das weit weg von einer Mobilität der Zukunft, und es ist auch weit weg vom Geist des Ampel-Koa-Vertrags. Die Überschrift ist „Mehr Zukunft wagen“, nicht „Mehr Diesel wagen“! Auf der einen Seite setzen wir mit der CO2-Bepreisung monetäre Anreize für eine effektive Antriebswende im Verkehr. Auf der anderen Seite möchte Herr Wissing das mit einer Entlastung von Diesel-Fahrzeugen bei der Kfz-Steuer ad absurdum führen. Sie sehen bestimmt darin eine Bewusstseinsspaltung, oder?
Ich hoffe stark, dass der Landesvorsitzende der FDP, als neuer Staatssekretär im BMVI den baden-württembergischen Pioniergeist nach Berlin bringt. Denn Sie sind in die Bundestagswahl mit dem Slogan „Nie gab es mehr zu tun“ gezogen. Vielleicht geben Sie, Herr Dr. Rülke, ihrem Parteifreund nochmals den Hinweis, dass es nicht hieß „nie gab es mehr zu blockieren“!
So, jetzt schauen wir mal, was das Mobilitäts-Klima-Upgrade sonst noch so mit sich bringt:
· Der Landesfuhrpark wird auf klimaverträgliche Antriebe umgestellt.
· Kreiskoordinatoren für kommunale Klimamobilitätspläne werden weiter gefördert.
· Das Kompetenznetz Klima Mobil wird fortgesetzt.
Und was mir persönlich ganz wichtig ist, die Entwicklung eines Landesmobilitätsgesetzes. Die Zeiten, in denen Klimaschutzpläne einerseits und Verkehrspläne andererseits miteinander unabgestimmt und mitunter widersprüchlich entwickelt und beschlossen wurden, sind vorbei. Mit 3 Mio. Euro steigen wir in die Entwicklung eines Landesmobilitätskonzepts ein, dass dann die Grundlage für ein Mobilitätsgesetz schafft.
Fantastisch! Dies alles ist in unserem Mobilitäts-Klima-Upgrade drin. Und dieses Upgrade ist nicht nur nachhaltig, sondern auch sozial.
Nicht einmal 11 Euro pro Bürger*in ist super günstig für so viel Klimaschutz im Land. Wir bieten ein visionäres, zukunftsfähiges und nachhaltiges Rundum-Sorglos-Paket und erfüllen damit auch den Rahmen der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit[1]. Da lacht das Herz der schwäbischen Hausfrau und des Haushälters.
Meine Damen und Herren,
Sie und Sie und Sie an den Bildschirmen – wir alle können vor unserer Haustür stehen am Bürgersteig und haben dann die Qual der Wahl, welches klimaschonende Verkehrsmittel wir nehmen. Das ist unsere Vision für nachhaltige, zukunftsweisende Mobilität …. für Generationen …. made in Baden-Württemberg!
Danke für Ihre Aufmerksamkeit!
[1] Art. 114Abs. 2 Satz 1 GG, § 6 HGrG, § 7 BHO
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